Die schönsten Ergebnisse einer Brustrekonstruktion werden mit Gewebe vom Bauch erreicht. Dies liegt daran, dass das Fettgewebe vom Bauch sehr weich und der Brust am ähnlichsten ist. Wenn genügend Gewebe am Bauch vorhanden ist, würden wir bei dem Wunsch auf eine Eigengewebsrekonstruktion immer diese Methode bevorzugen. Ein positiver Nebeneffekt ist auch die zum Verschluss der Hebestelle notwendige Straffung der Bauchdecke.
Die Blutversorgung der Bauchhaut mit der darunter liegenden Fettschicht erfolgt durch Gefäße (Arteria und Vena epigastrica inferior profunda) aus der Leiste. Diese wandern auf der Innenseite der Bauchwand entlang des geraden Bauchmuskels (Musculus rectus abdominis) nach oben und treten in diesen ein. Auf ihrem Weg im Muskel geben sie Abzweigungen zur Haut ab. Diese Gefäße werden Perforatorgefäße genannt. Der DIEP-Lappen (engl.: deep inferior epigastric perforator – flap) wird dabei so präpariert, dass ein oder zwei Perforatorgefäße durch den Muskel präpariert werden, ohne diesen zu beschädigen. Dadurch bleibt die muskuläre Bauchwand intakt, und das Risiko für eine Schwächung derselben ist sehr gering. Der Haut- und Fettlappen wird dann mit den ca. 10 cm langen Gefäßen zur Brust transferiert und die Gefäße unter dem Mikroskop an andere Gefäße angeschlossen.
Es kann manchmal vorkommen, dass ein spezifischer Perforator nicht für eine gute Durchblutung des Lappens ausreicht. In diesen Fällen muss eine kleine Muskelmanschette um mehrere Perforatoren mitgenommen werden. Hier wird der Lappen ms-TRAM (muskelsparender transverser rectus abdominis Muskellappen) genannt. Der Gefäßanschluss erfolgt dann an der Brust entsprechend der DIEP-Lappenplastik.
Bei einigen Menschen besteht eine etwas andere Gefäßversorgung der unteren Bauchhaut: hier laufen Gefäße aus der Leiste direkt im Unterhautfettgewebe nach oben in Richtung Bauchnabel (superficielle inferiore epigastrische Arterie). Wenn diese Gefäße in ausreichendem Durchmesser vorhanden sind, können diese für die Versorgung des Unterbauchgewebes ausreichend sein (SIEA-Lappenplastik). Der große Vorteil ist dann, dass auf eine Verletzung der muskulären Bauchwand komplett verzichtet werden kann. Da diese Gefäße aber selten in einem ausreichenden Durchmesser vorhanden sind, kommt diese Operationsmethode nur in den entsprechenden Fällen zur Anwendung.
Früher erfolgte die Brustrekonstruktion mit Eigengewebe vom Bauch mit einem gestielten TRAM-Lappen. Dabei wird das Gewebe mit dem kompletten Rectus-Muskel umgeschlagen und zur Brust gebracht. Der Muskel bleibt am Rippenbogen anhaftend und die darin verlaufenden Gefäße versorgen das Gewebe vom Unterbauch. Ein mikrochirurgischer Gefäßanschluss ist dabei nicht notwendig. Es kann dann aber zu einem unschönen Wulst über dem Rippenbogen kommen. Ein sehr großer Nachteil ist, dass durch den Funktionsverlust eines gesamten Rektusmuskel die Bauchwand massiv geschwächt werden kann. Aus diesem Grund führen wir diese Operation nur noch durch, wenn ein mikrochirurgischer Gefäßanschluss nicht möglich sein sollte.
Nach etwa einem halben Jahr hat sich das transplantierte Gewebe erholt und ist abgeschwollen. Das Gewebe hat sich gesetzt und die Brust ihre endgültige Form erreicht. Nun kann die Rekonstruktion abgeschlossen werden: Formkorrekturen der wiederaufgebauten Brust können durchgeführt und der Brustwarzenkomplex, falls erforderlich, rekonstruiert werden. Auch eine eventuelle Straffung oder Verkleinerung der Gegenseite kann nötig sein, um eine Symmetrie der Brüste wiederherzustellen.
Vor der Rekonstruktion der Brust mit Eigengewebe vom Bauch
Nicht alle Patientinnen wünschen nach einer Mastektomie einen Wiederaufbau der Brust mit Eigengewebe oder wissen eventuell gar nicht, dass es diese Möglichkeit gibt. Die Entscheidung für eine Brustrekonstruktion ist ohne Frage eine sehr persönliche und auch emotionale Angelegenheit. Im Rahmen Ihrer Erstvorstellung werden wir eingehend mit Ihnen alle Möglichkeiten des Wiederaufbaus besprechen und Ihnen erklären, was speziell in Ihrem Fall möglich ist. Dafür nehmen wir uns sehr viel Zeit. Oft ist es nicht möglich, alle Informationen gleich zu verarbeiten, deshalb ist es selbstverständlich, dass Sie sich alle Zeit nehmen, nachzudenken. Gerne stellen Sie sich auch wiederholt in unserer Sprechstunde vor, um aufkommende Fragen zu klären. Entscheiden Sie sich für einen Wiederaufbau mit Eigengewebe vom Bauch, erfolgt neben den nötigen onkologischen Fragestellungen und Vorbereitungen eine spezielle Untersuchung und Darstellung der Blutgefäße am Bauch mittels einer CT-Angiographie. Dadurch wissen wir schon vor der Operation über die anatomischen Verhältnisse der Blutgefäße am Bauch Bescheid und können uns darauf einstellen, welche Perforatoren gut sind und welche wir für die Versorgung des Lappens verwenden werden. Dies erhöht die Sicherheit und verkürzt die Operationszeit.
Ablauf der Brustrekonstruktion mit Eigengewebe vom Bauch
Vor der Operation werden wir mit Ihnen die Schnittführung besprechen und diese anzeichnen. Selbstverständlich erfolgt die Operation in Vollnarkose. Unter mikrochirurgischen Bedingungen wird dann das Gewebe am Unterbauch gehoben und die Gefäße schonend durch den Muskel präpariert. An der Brust werden jetzt die sogenannten Empfängergefäße entweder neben dem Brustbein oder in der Achselhöhle dargestellt. An diese werden dann die Gefäße des Unterbauchlappens unter dem Mikroskop angeschlossen. Der Lappen wird jetzt eingepasst und eine Brust geformt. Am Bauch wird infolgedessen die Entnahmestelle in Form einer Bauchdeckenstraffung (Abdominoplastik) verschlossen. Die Haut wird mit dem Fettgewebe vom Oberbauch von der Bachwandmuskulatur getrennt und nach unten ausgebreitet. Der Nabel wird an der richtigen Position in die nach unten gezogene Bauchdecke wieder eingepasst. Am Bauch und an der Brust legen wir Drainageschläuche ein, um Wundwasser abzuleiten.
Nach der Brustrekonstruktion mit Eigengewebe vom Bauch
Am Folgetag der Operation dürfen unsere Patientinnen mit Unterstützung durch unsere Pflegekräfte kurz aufstehen. Jedoch sollten Sie eine Überbeanspruchung vermeiden und sich die nötige Ruhe zur Erholung gönnen. Zur Entlastung der Naht am Unterbauch sollte das Bett so eingestellt sein, dass Sie in der Hüfte gebeugt sind. Ein Kompressionsmieder trägt außerdem zur Entlastung des Bauches bei. Des Weiteren passen wir unseren Patientinnen einen Kompressions-BH an. Beides sollte für 6-12 Wochen getragen werden. Körperliche Schonung empfehlen wir für sechs Wochen. Maximale Belastungen des Bauches sollten aber für 12 Wochen vermieden werden.
Mögliche Komplikationen und Risiken
In unseren Händen ist diese Operation ein sehr sicheres Verfahren. Jedoch kann es in unter 2 % der Fälle zu einem Verschluss der Gefäße an der Nahtstelle kommen. Durch eine sofortige Revisionsoperation ist es dann eventuell möglich, die Durchblutung des Lappens wiederherzustellen. Es kann aber trotzdem vorkommen, dass das transplantierte Gewebe teilweise oder komplett abstirbt. In diesen Fällen muss dann auf eine andere Methode des Brustwiederaufbaus umgeschwenkt werden.
Kleinere Wundheilungsstörungen können sowohl am Bauch, als auch an der Brust auftreten, die aber in der Regel ohne weiter Probleme abheilen. Nur selten muss ein zweiter chirurgischer Eingriff durchgeführt werden, um die Wundheilungsstörung zu versorgen. Eine Schwächung der Bauchwandmuskulatur wird durch ein schonendes Vorgehen und die richtige Technik vermieden. Sehr selten entstehen an der rekonstruierten Brust oder an der Nahtstelle am Unterbauch Knötchen unter der Haut. Hier handelt es sich dann um abgestorbenes Fettgewebe, welches sich verkapselt. Diese Fettnekrosen sind harmlos und können bei Bedarf nach einiger Zeit unkompliziert entfernt werden.